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Dienstag, 23. Januar 2024

Das letzte Licht der Sonne


Was wir als Realität bezeichnen, ist nichts anderes
als eine Ansammlung fadenscheiniger Ähnlichkeiten,
die von Gewohnheiten zusammengehalten werden.

Philip Pullman

Wie wir uns erinnern, verändert auch, wie wir gelebt haben.
Wir machen Geschichten aus unserem Leben.

Guy Gavriel Kay

Die historische Fantasy des Guy Gavriel Kay

Paratexte sind eine Informations- und Marketingstrategie von Autor und Verlag, um ihren Leser*innen eine erste Verstellung davon zu vermitteln, was sie vom Inhalt eines Buchs erwarten können. Wer von beiden im Einzelnen für Titel, Klappentext, Autorenvita, Vorwort oder Leitmotiv verantwortlich ist, lässt sich den Texten selbst nicht entnehmen.
Der Buchtitel, dazu gehört auch die Illustration von Vorder- und Rückseite, ist der prominenteste Paratext, und allein für den ersten Eindruck verantwortlich. Deshalb vergibt auch kein Autor einen Titel leichtfertig, ein Verlag schon. Zwischen dem ursprünglichen Titel des Autors, The Last Light of the Sun, und dem Titel der deutschen Übersetzung, Die Fürsten des Nordens, besteht kein inhaltlicher Zusammenhang. Er ist eine Umdeutung.1

1 Für meine Studie verwende ich Guy Gavriel Kay, Die Fürsten des Nordens, Piper Verlag München, 2007 (engl. Original: The Last Light of the Sun, Toronto, 2004.

Der Originaltitel bezieht sich auf den gälischen Kulturkreis (das moderne Wales und Irland) im Westen der erzählten Welt, während der deutsche Buchtitel undifferenziert den Adel des Nordens, die Fürsten der drei Kulturen der Nordseeanrainer benennt. Einen erweiterten Blick über den inhaltlichen Hinweis des Titels hinaus bieten Klappentext und Rückseite des Buchs, die auf reißerische Weise genretypische Klischees bedienen: die Beutezüge der Wikinger sowie die magische Atmosphäre eines Portals in eine andere Welt. Dazu die Illustration in dunklem Blau und Schwarz: ein Drachenboot steuert auf ein gigantisches Felsentor zu. Hinter der Einfahrt leuchtet ein gelbes Licht, das ein dramatischer, wolkenschwerer Himmel beinahe erdrückt. Wer denkt bei diesem Bild nicht an Tolkiens Graue Anfurten oder vergleichbare Portale. Diese Motive sind nicht repräsentativ für G.G. Kays Roman, der weitaus mehr thematisiert. Allerdings deuten sie wichtige Geschehnisse der Erzählung an, denn sie schaffen Motivierungen für die Handlungen der Figuren. Zusätzlich beschwören diese Paratexte die Autorität von Zeugen wie J.R.R. Tolkien, M. Zimmer Bradley, D. Gemmell oder G.R.R. Martin, sodass die Gattung ist eindeutig bestimmt erscheint: Bei dem Roman Die Fürsten des Nordens handelt es sich um ein Erzählwerk der Fantasy.