Tolkiens Theorie des Muts
Weh nun, waltende Gottheit, Unheil geschieht
Hildebrandslied
Tolkien hat seine Theorie des Muts,1 neben der Earendil-Saga, noch in zwei weiteren seiner großen Erzählungen behandelt:
- in der Befreiung eines der Silmarilli aus Morgoths eisener Krone durch Beren und Lúthien;
- in der Vernichtung des Einen Ring durch Frodo Beutlin, Samweis Gamdschie und Gollum in den Klüften des Oroduin.
Wie Tolkiens Protagonisten ihre Suche bewältigen,2 ist Inhalt langer Geschichten von Licht und Finsternis, Menschlichkeit und Mut. Die Botschaft, die Tolkien in diesen Erzählungen verkündet, wurde bereits angedeutet: die Verleugnung der Niederlage und das Wissen, dass auch der unwahrscheinlichste Bote seinen Auftrag ausführt. Beren, Frodo und Earendil sind solche Boten, unbeirrbar und beharrlich, Protagonisten des Mutes, heroische Persönlichkeiten, die der Glaube an einen unbeugsamen Willen auch noch im Angesicht eines möglichen Scheiterns auszeichnet.3 Dieser Mut, sagt Tolkien in seinem Beowulf-Vortrag von 1936, sei der große Beitrag der frühen nordischen Literatur. Die Stärke der nordischen Mythenbildung liege gerade darin, dass sie die Ungeheuer ins Zentrum ihrer Überlieferung rückt. Sie
überläßt ihnen den Sieg ohne Ehre und findet eine starke, doch furchtbare Lösung im nackten Mut und Willen.4